Slowtwitch Interview mit Tim Stutzer





Tim Stutzer macht Schluss mit Langdistanz - das nahm das amerikanische Triathlonportal zum Anlass dem alten Herren mal auf den Zahn zu fühlen. Hier die Übersetzung aus dem Englischen mit sicherlich einigen Tippfehlern, für die vorab Entschuldigung ausgesproche sei.

"Tim Stutzer macht seit Ewigkeiten Triathlon aber seine Knie zwingen ihn zum Aufhören. Kann aber sein, dass das gar nix Schlimmes ist, sondern der Weg zu was Neuem.


Slowtwitch: Tim, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst. 

Tim Stutzer: Es ist mir ein Vergnügen und eine Ehre, den Anruf von Dir zu bekommen, Herbert.


ST: Wobei erwische ich Dich denn gerade?

Tim: Bin gerade dabei, die Weihnachtsgeschenke für meine Mädels zu basteln. Kann also nicht drüber reden.

ST: Zuerst, was machst Du beruflich?

Tim: Bin seit zweieinhalb Jahren bei der Europaeischen Zentralbank und habe dort beim Aufbau der Europäischen Bankenaufsicht geholfen. Als Jurist war das in so einigen Bereichen. Und mit allem, was in Europa derzeit passiert angefangen bei Griechenland, dem BREXIT im Sommer und zuletzt der US-Wahl ist da wirklich viel interessantes los.
 sure!

ST: Als wir uns im Oktober in Kona gesprochen haben, sagtest Du, Kona werde Deine letzte Langdistanz. Ich glaube, Deine Knie spielen nicht mehr mit, korrekt?


Tim: Ja, das war’s! Die Knie zicken seit 10 Jahren und nach zwei blöden Unfällen waren meine Innenmenisken drei Mal unterm Messer, einmal links, zweimal rechts.  Und das Laufen macht es eben nicht besser. Habe die Kona Quali in Wales letztes Jahr mit minimalem Laufumfang gemacht, aber bei Geschwindigkeiten schneller als 4min/km oder langen Läufen über 90min macht es keinen Spaß mehr. Danach humpele ich die Treppe hoch.
Und auch wenn ich ja eher ein stärkerer Radfahrer war als Läufer, must du den Vorsprung in T2 dann doch noch bis ins Ziel halten. Also war es Zeit, das Kapital LD dieses Jahr abzuschließen. Glücklicherweise war das mit zwei epischen „Rennen“ verbunden: Celtman und Kona.


Tims letztes Finish in Kona?
ST: Wirklich, nie wieder?

Tim: Klar sollte man sollte niemals nie sagen! Was schon bei Sean Connery so.

ST: Ich Weiss, Du machst ewig Triathlon, aber Dein Herz hast du doch auf dem Fahrrad gelassen, oder?

Tim: Klar hat das alles mit radeln angefangen. Die Wälder rund um Bad Orb waren mit der ersten Generation von MTBs in den späten 80er und frühen 90er Jahren unser Spielplatz. Das Radeln hat vieles möglich gemacht, auch im Triathlon und ich muss zugeben: Ich bin schon stolz darauf, einen IM-Radstreckenrekord zu halten vom Ironman UK 2008.

ST: Wann hat das mit Triathlon angefangen und was hat dich inspiriert?


Tim: Mein erstes Rennen: Köln, 14. September 1985 am Tag vor der ersten in Europa geplanten Langdistanz. Mein Vater und mein 11 Jahre altes ich sind da auf eine Reise von 350m schwimmen, 25km radeln und 8km laufen aufgebrochen. Das war der Anfang, also hat mich mein Vater an die Nadel geholt. Aber wirklich dran an der Nadel war ich da noch nicht. Die 80er und 90er über waren es nur sporadisch Triathlons, hab mehr Tennis gespielt.
Ironman kam erst nach Ende des Studiums und nachdem mein bester Kumpel 1999 seinen gemacht hatte. Wie haben dann 2001 für Roth gemeldet und hatten einen Riesenspaß! Dann, 2002 zog der Ironman nach Frankfurt um, keine 100m wohnte ich weg von der Laufstrecke. Also musste ich den auch machen. So richtig Blut geleckt aber hatte ich erst, nachdem ich 2006 zum ersten Mal mit einem Trainer zusammengearbeitet hatte und sah, dass ich doch tatsächlich was reißen konnte. Dann ging es richtig los.



ST: Wie oft warst Du den in Kona, wann zum ersten Mal?

Tim: 2016 war das 5.
Mal. 2004 war ich zum ersten Mal hier, allerdings als Begleitung meines Vaters. Wir haben dann zusammen den Xterra auf Maui gemacht. Meine erste Teilnahme war dann 2007 - über ein Weihnachtsgeschenk 2006 – Lotterieticket. Danach hab ich es mehrfach versucht, hier ein Rennen zumachen. Bin aber jedes Mal geschmolzen, egal wie gut ich in Form war. Hitze ist einfach nicht mein Ding, das hab ich auf die harte Tour gelernt.

ST: Und, hat sich Kona über die Jahre verändert?

Tim: Aber sicher hat es das. So sehr, dass ich nicht wirklich weiss, wo ich anfangen soll. Aber sagen wir mal so: Über die letzten 12 Jahre hat das Rennen versucht, mit dem wachsenden Sport Schritt zu halten. Ich glaube allerdings, dass ist nicht gelungen. Mit jetzt fast 40 Qualifikationsrennen gibt es weltweit immer mehr „Infizierte“. Folgerichtig ist, dass das Feld in Kona immer besser wird und der Durchschnittsathlet eine ganze Ecke schneller ist, als er das vor 10 Jahren war. Die Bilder von Radstrecke aus diesem Jahr sprechen doch für sich selbst. Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Kona als „Rennen“ kann ich nicht mehr empfehlen. Man kann es – wie so viele – der Erfahrung wegen machen, aber darf leider kein faires Rennen erwarten. Kona 2016 bedeutete außerhalb der Top50 entweder, im Pulk mitzuschwimmen oder jegliche Chancen auf eine vordere Platzierung schon auf dem Rad dranzugeben. Nut gut, dass ich meine Entscheidung schon weit vorm Rennen hatte treffen müssen. Sonst wäre ich stinksauer gewesen!

Teils liegt das an der Einstellung der Athleten, klar. Ein Teil der „Typ 1 personalities“ die Triathleten allgemein sind, wird so einiges für ein gutes Ergebnis tun. Der größte Teil der Verantwortung aber liegt beim Veranstalter. Das könnte und muss mehr getan werden! Das allerdings gilt nicht nur für Kona, sondern für alle Rennen mit flachen Kursen und mehr als 2.000 Startern bspw. Barcelona, Brasilien, Cozumel oder eben Florida. Überall dort ist das Rennen auf der Radstrecke weit, weit entfernt vom in den Regeln stehenden Einzelzeitfahren.
Zusammengefasst: Es muss etwas getan werden, um das Rennen zu retten!

Wellenstarts nach Altersklassen, erheblich mehr Kampfrichter, höhere Zeitstrafen für Drafting eventuell sogar die Aufteilung des Rennens auf zwei Tage sollten alle einmal genau geprüft werden.
Ich muss aber gestehen: Ich denke nicht, dass sich substanziell etwas tun wird in den kommenden Jahren. 



ST: Zu einem anderen Thema: Doping. Denkst du, dass Doping im Altersklassensport weit verbreitet ist?

Tim: Ich denke, Doping ist ein großes Problem in unserem Sport. Erstens ist Triathlon eine Kombination dreier Ausdauersportarten – also ideal für Doping. Zudem saugt einen die Langdistanz durch das viele Training extrem auf. Es dominiert Dein Leben so, wie es kaum ein anderer Sport macht. Und dann ist der Kona slot in Deiner peer group sowas wie der heilige Gral. Es gibt also einiges, was Athleten dazu bewegt, sich Doping zu überlegen. Zudem ist Triathlon ein Sport der Besserverdiener und das erforderliche Geld für eine EPO Kur ist nicht wirklich ein Problem. Zu alledem kommt eine Gesellschaft in der altern oft Krankheit begriffen wird, die man behandeln muss – bei Männern eben mit Testosteron.
Und auch wenn es seit 2012, als sie Kevin Moates erwischt haben, durch die WTC wohl Trainingskontrollen gibt, müssen es mehr werden. Die Jungs und Mädels sind einfach nicht so dumm, sich in der Rennwoche nach der Pasta Party positiv erwischen zu lassen!

ST: Wenn Du noch ein Rennen Machen könntest, welches wäre das? 

Tim: Wäre ein Duathlon, “City to Summit” in Scotland.
Ein langer Tag per pedes und pedale von Edinburgh durch die highlands zum Ben Nevis. Blöd bloß, dass das in toto 63 Laukilometer sind. Also ein leider nicht möglich.



ST: Rückblickend, welches Rennen bleibt am meisten im Gedächtnis?


Tim: Trotz Kona und einem 11. Platz beim Ironman UK 2008 wird das immer mein erster Ironman sein, 2001 in Roth. Aus vielen Gründen. Wenn Du mich um vier Uhr früh weckst ist das das einzige Rennen, dessen Endzeit (12:11:51h) ich Dir auf die Sekunde sagen kann. Ich werde nie vergessen, wie jemand versuchte mich da noch 20meter vorm Zeil niederzusprinten. Hat er nicht geschafft! Und dann ist auf dem Zielbild noch mein bester Kumpel drauf.
Dieser Tag ist der Grund, warum ich jedes Jahr im Juli nach Roth fahren und Gänsehaut bekomme, wenn ich die Abfahrt Allersberg von der A9 nehme.

Tim und Alex in Roth 2001. 
ST: Du bist ja noch vergleichbar jung und die Verletzungen spielten eine Rolle bei Deiner entscheidung jetzt Schluss zu Machen. Trotzdem schein es, als ob Deutsche einfach früher Schluss machen mit Triathlon als US-Amerikaner. Kannst du das bestätigen?


Tim: Dank Dir für das Kompliment, aber ich denke, es sind die Trainingsjahre, die hier zählen. Und da machen 18 Langdistanzen in 15 Jahre schon viel aus! Zur Frage: Ich denke, Deine Annahme ist korrekt, zumindest für diejenigen, die den Sport auf einem hohen Niveau betrieben haben. Viele dieser Athleten ziehen sich früher zurück als ihre amerikanischen Altersgenossen.
Woran das liegt? Zum Einen fangen sie hier früher an. Viele Studenten haben in den letzten 20 Jahren hier leistungsmäßig Triathlon betrieben. In den US Colleges fängt das gerade erst an. Einige dieser – vornehmlich - Jungs haben es zum Profi geschafft, viele aber „nur“ nach Hawaii.
Zweitens gründen Deutsche (Triathleten) zumeist später ihre Familie und wenn die Kinder in die Schule kommen wird die Zeit knapp. Wenn dazu noch der Job zeitintensiver wird als es die Uni war…
Drittens ist es, wenn Du mal ein entsprechendes Niveau – für einige eben knapp unterhalb der Profischwelle – angekommen bist schwer zu akzeptieren, dass sich mit dem älter werden auch die Art und Weise ändert, wie das Rennen abläuft, dort, wo Du Dich rumtreibst. Besonders gilt das für in der Breite hochkarätig besetzte Rennen, also ganz besonders für Kona. Bist Du einmal Mitte der 40er sitzt Du im Schulbus nach Hawi, ob Du willst, oder nicht. Für mich bedeuteten diese Busse, dass ich schlicht den Vorsprung in T“ nicht mehr haben würde, den ich bräuchte, um vor den Swim/Runners im Ziel zu sein. Habe mich deshalb – zumindest außerhals von Kona – auf Rennen konzentriert, die aufgrund der schweren Radstrecke noch faire Bedingungen bieten. Es ist sicher auch für andere desillusionieren zu sehen, wie so ein Ironman im „Mittelbau“ abläuft.


ST: Also, was steht als nächstes an? 

Tim: Glücklicherweise gibt’s ja eine ganze Welt da draußen mit Sportveranstaltungen, bei denen man nicht laufen muss. 2017 ists das erst mal das 24h-Rennen am Nürburgring im 4er Team, sicher Challenge Roth als Staffelradler und der Gran Fondo New York Germany in Hameln. Ist also noch was zu tun, bis mich der Golfvirus endgültig erfasst.





ST: Sonst noch was, das Du uns wissen lassen willst?

Tim: Klar! Ich arbeitete 2007 ein halbes Jahr land in San Diego und hatte mich dort dem Tri Club angeschlossen. Klasse Truppe und Freundschaften, die teils bis heute noch bestehen. Sechs Jahre später führte das über Umwege dann dazu, dass mich 2013 das Timex Team aufgenommen hat. Die haben jetzt „Ze German“ im Team. Wieder ein unglaubliche Truppe, bei der der sport nur der Aufhänger ist um viele weitere Gemeinsamkeiten zu finden und das ein oder andere Bier zu trinken. A propos Bier: Herbert, wir müssen unbedingt ein Pyraser Pils trinken, wenn Du nächstes Jahr nach Roth kommst!

ST: Also ich bin aber am 09. Juli schon zu einem Swim-Run im Engadin angemeldet.

Tim: Oh, dann musst du den wohl absagen. Wir sehen uns in Roth!

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